Das Bild zeigt ein Handy mit Apps

Besser sehen, besser verstehen – Dank neuer App-Funktionen

Wenn es um Barrierefreiheit und die Lösung von Alltagsproblemen geht, bietet die Digitalisierung große Vorteile. Manche Abläufe werden dank digitaler Unterstützung einfacher (CIP berichtete bisher über Diktierapps und Apps für Menschen mit Sehbehinderung). So können Anwendungen zunehmend auch über Sprache gesteuert werden, wo früher händische Befehlseingaben erforderlich waren; schriftliche Umsetzungen von Gesprochenem helfen Hörgeschädigten und akustische Beschreibungen machen Objekte für Sehgeschädigte „sichtbar“.

Ob Türerkennung, Untertitel für Medieninhalte oder Fotobeschreibung – die großen Player am Markt setzen zunehmend auf Systemupdates und Apps, die den Alltag von Menschen mit Behinderung erleichtern sollen. Damit sind vor allem Marken wie Google und Apple den anderen Herstellern von Handys und smarten Systemen derzeit voraus.

 

Neues zum „Tag der Barrierefreiheit“

Beide führen neue Funktionen für die Software ihrer Smartphones, Tablets und Computer ein. Damit sollen die Geräte für Menschen mit Behinderung oder Einschränkung besser benutzbar sein. Den internationalen Tag der Barrierefreiheit (er war am 19. Mai 2022) nutzten die Unternehmen für die Ankündigung einiger wichtiger Neuerungen.

Als Hilfe für gehörlose und schwerhörige Menschen bringt Apple beispielsweise Live-Untertitel auf die Bildschirme seiner Geräte. Anwenderinnen und Anwender können damit Audioinhalten leichter folgen – unabhängig davon, ob sie telefonieren, eine Videokonferenz oder eine Social-Media-App nutzen, Medieninhalte streamen oder sich mit ihrem Nebenmann unterhalten.

Eine ähnliche Funktion hatte Google bereits im Herbst vergangenen Jahres für seine Pixel-Smartphones vorgestellt. Allerdings werden diese Live-Untertitel zunächst nur auf Englisch angeboten. Wann sie auf Deutsch zur Verfügung stehen werden, ist derzeit noch offen.

 

Eine App beschreibt, was auf Fotos zu sehen ist

Auf der Entwicklermesse Google I/O wurden Mitte Mai Verbesserungen für das Betriebssystem Android angekündigt, mit denen sich Barrieren für Menschen mit Behinderung senken lassen. So wurde etwa ein Update der Anwendung „Lookout – Unterstütztes Sehen“ präsentiert, mit der sich blinde oder sehbehinderte Menschen Fotos akustisch beschreiben lassen können.

Diese aktuelle „Lookout 3.0“- Version ist vor allem auf Fotos aus den Nachrichten und aus sozialen Netzwerken ausgelegt. Die App kann zudem Texte vorlesen, die auf einem Bild zu sehen sind. Deutlich verbessert wurde auch die App „Live Transcribe“, die gesprochene Sprache in Schrift umwandelt und Alltagsgeräusche (etwa Klingeln) erkennt.

 

Türerkennung von Apple

Als ganz neue Funktion stellte Apple seine „Türerkennung“ vor. „Damit können blinde und sehbehinderte Menschen besser die letzten Meter zu ihrem Ziel navigieren“, sagte Sarah Herrlinger, die für das Unternehmen weltweit für das Thema Barrierefreiheit zuständig ist. So meldet die Anwendung beispielsweise, ob eine Tür offen oder geschlossen ist, welche Zeichen oder Hinweise sich rundherum befinden und ob man die Tür aufdrücken, aufziehen oder einen Knopf drücken muss. Die „Türerkennung“ kann über die Lupen-App des iPhones angesteuert und aufgerufen werden.

Nach wie vor ist die Nutzung mancher Haushaltsgeräte– wie Backöfen, Toaster, Waschmaschinen oder auch Wasserkocher – für Menschen mit Behinderung oft schwierig. Das haben Expertinnen und Experten anlässlich des Welttags der Barrierefreiheit angemerkt. Knackpunkt der Kritik: Schalter oder Drehknöpfe werden mehr und mehr durch Touch-Bildschirme ersetzt, die nicht barrierefrei gestaltet und benutzbar sind.

 

Nachholbedarf – vor allem in Deutschland

Auch hier können neue Entwicklungen und Apps Hilfe bringen. Denn mit ihnen lassen sich solche Geräte in vielen Fällen auch von Menschen mit Behinderung bedienen. Etwa mittels einer zugehörigen Smartphone-App, die beispielsweise bei Backöfen die Temperatur oder das eingestellte Programm vorlesen kann, findet etwa Artur Ortega, Software-Architekt des britischen Gesundheitsdienstleisters Babylon Health. Doch dazu müssen die Apps wiederum selbst barrierefrei gestaltet sein.

Apple und Google sind zurzeit eindeutig die Vorreiter. Nicht zuletzt, weil in ihrem Mutterland USA die Barrierefreiheit oft gesetzlich vorgeschrieben ist. Dem gegenüber gebe es gerade bei Herstellern aus Deutschland zum Teil erheblichen Nachholbedarf, sagen Interessenvertreter einhellig.

 

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