Das Bild zeigt eine Versichertenkarte und Geldscheine

Von Implantaten und besonderen Bedarfen

Was müssen Menschen mit Conterganschädigung beachten? Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Betroffene? Hier lesen Sie unsere Fortsetzung zum Thema Hörgeräte.

 

Auch Menschen mit Conterganschädigung leiden an Hörschäden. Manche von Geburt an. Bei der Conterganstiftung sind – inklusive der tauben Menschen – insgesamt 854 Leistungsberechtigte mit einer Hörschädigung anerkannt. Wie viele Betroffene altersbedingt hinzukommen, weil sie im Verlauf der Jahre erst eine Hörschädigung entwickelt haben, kann auf Basis der vorliegenden Daten nicht gesagt werden. Der Nachweis, dass es sich bei altersbedingter Hörschädigung um Spätfolgen von Contergan handelt, ist auf medizinisch-diagnostischem Wege nur schwer zu erbringen.

 

Nachweis einer Schädigung und Finanzierung eines Hörgerätes

Nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA, oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland) zählen zu den Hörhilfen einmal Hörgeräte (das sind Luftleitungsgeräte und Knochenleitungsgeräte) sowie Zubehör, Tinnitusgeräte (dazu zählen auch kombinierte Tinnitus-/Hörgeräte) und Übertragungsanlagen. In der Regel ist die gesetzliche Krankenversicherung der Kostenträger für Hörhilfen. Trotzdem gibt es seltene Fallkonstellationen, in denen ein anderer Kostenträger wie etwa die Unfall- oder Rentenversicherung zuständig ist.

In jedem Fall ist auch für Menschen mit Conterganschädigung eine fachärztliche Verordnung der Hörhilfe erforderlich. Eine Erstattung der Kosten gibt es für die Betroffenen ebenfalls nur bis zu den vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Festbeträgen. Hierbei wird unterschieden zwischen „schwerhörigen“ und „an Taubheit grenzenden“ Versicherten. Für die Schwerhörigen liegt der Festbetrag für ein Hörgerät mit Stand Dezember 2020 bei 733,59 Euro, für an Taubheit Grenzende bei 786,86 Euro (Nettobeträge). Diese Höchstgrenzen werden von Zeit zu Zeit überprüft und angepasst.

 

Was tun, wenn es teurer wird? 

Für ein hochwertiges Hörgerät können Kosten von mehreren tausend Euro auflaufen. Sollten die Kosten für das ausgewählte Hörgerät den Festbetrag überschreiten, muss der Restbetrag von den Betroffenen selbst getragen werden. Können stichhaltige Gründe für ein teureres Gerät glaubhaft gemacht werden, kann man einen entsprechenden Antrag beim Kostenträger einreichen. Übersichtlich gestaltet ist hierzu die Beratungsrichtlinie zur Kostenübernahme bei Hörsystemen durch den Deutschen Schwerhörigenbund e.V. . Dort gibt es auch hilfreiche Erläuterungen zur ärztlichen Verordnung und zum Hörakustiker.

Im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen sind unter dem Navigationspunkt „Krankenversicherung/Hilfsmittel/Hilfsmittelverzeichnis“ die verschiedenen Arten von Hörhilfen aufgeführt.

Menschen mit Conterganschädigung können zur Finanzierung von Mehrkosten am bequemsten die „Pauschale zur Deckung der spezifischen Bedarfe“ einsetzen. Diese wird den Betroffenen seit 2017 nicht mehr auf Antrag, sondern pauschal von der Stiftung ausgezahlt. Bei der Stiftung müssen also keine Nachweise für Mehrkosten eines Hörgerätes eingereicht werden.

 

Typische Hörgeräte für Menschen mit Conterganschädigung

Für Menschen mit Conterganschädigung kann die Nutzung einer Fernbedienung hilfreich sein. Eine Indikation für eine drahtgebundene bzw. -lose Fernbedienung liegt vor, „wenn aufgrund einer Behinderung eine Regelung des am Ohr eingesetzten Hörgerätes nicht möglich ist oder aufgrund fehlender Feinmotorik das Hörgerät nicht bedient werden kann. In der Regel handelt es sich dabei um orthopädische und / oder neurologische Krankheitsbilder.“

Bei der Auswahl eines geeigneten Gerätes kann es auch von Vorteil sein, darauf zu achten, dass es sich um ein akkubetriebenes Hörgerät handelt. Bei diesem würde das regelmäßige Austauschen der Batterie entfallen.

 

Individuelle Anpassung für Menschen ohne Arme

Um das selbstständige Einsetzen zu ermöglichen, können in Zusammenarbeit mit dem Hörgeräteakustiker individuelle Modifikationen vorgenommen werden. Ob das Gerät am Ende tatsächlich selbstständig eigesetzt werden kann, lässt sich jedoch erst in einem Erprobungsprozess herausfinden.

Viele Hörgeräteakustiker bieten daher den Service an, verschiedene Geräte zu testen. So kann auch zuhause in Ruhe ausprobiert werden, ob das selbstständige Einsetzen und Herausnehmen der Hörhilfe sowie die Handhabung des Zubehörs im Alltag funktionieren oder ob gegebenenfalls eine Assistenzkraft erforderlich ist.

 

Implantate als Lösung für Kurzarmige?

Neben den konventionellen Hörgeräten gibt es inzwischen eine Vielzahl an teil- und vollimplantierten Hörsystemen. Bei speziellen medizinischen und audiologischen Indikationen, kann ein implantierbares Hörsystem zu besseren Ergebnissen führen als ein externes Hörgerät. Eine Auskunft, ob eine solche Technik für einen geeignet ist, erhalten die Betroffenen bei einem Hörakustiker und beim HNO-Arzt.

Wie uns in einem konkreten Fall berichtet wurde, hat eine Betroffene darüber nachgedacht, sich aufgrund ihrer Hörschwäche und fehlender Arme ein Hörgerät implantieren zu lassen. Es besteht dabei allerdings das Risiko eines kompletten Hörverlustes während der Operation. Wer hier fundierte Infos sucht, sollte eine Zweitmeinung einholen. Sprechstunden werden von spezialisierten HNO-Abteilungen der Universitätskliniken angeboten - z.B. der Charité in Berlin