Das Bild zeigt ein Smartphone mit einem Icon für Spracherkennung

Vom Diktieren und Vorlesen

Für Menschen mit Beeinträchtigung können digitale Anwendungen, Apps und Computerprogramme Erleichterungen im Alltag bringen. Ob es um besseres Hören (CIP berichtete hier und hier) oder Sehen (CIP berichtete hier) geht oder allgemein um smarte Lösungen für Zuhause (CIP berichtete hier). Immer mehr Apps können auch die Arbeit mit Sprache und Text erleichtern. CIP hat verschiedene Sprach- und Diktiersoftware recherchiert und gibt einen Überblick.

 

Bekanntes für den Hausgebrauch

Als ersten Einstieg in das Thema wie auch in die Anwendung von Diktiersoftware kennen die meisten die Diktierfunktion aus dem Windows Office-Paket: Man aktiviert das Mikrofon-Icon („Diktieren“) und beginnt zu sprechen – Voraussetzung hierfür ist natürlich ein Mikrofon (integriert oder extern). In der gewählten bzw. erkannten Sprache setzt die Diktierfunktion das Gesagte ins Schriftbild um. Der Nachteil: Das Diktierte muss im Nachhinein auf Interpunktion und Rechtschreibung überprüft werden, denn hier gibt es durchaus noch Schwächen. Zudem werden einige Wörter von Word zensiert, die im Verdacht stehen gegen Regeln und Normen zu verstoßen. So zum Beispiel das Wort „nackt“. Analog zum Diktieren kann man sich die Texte über eine „Vorlesen“-Funktion (unter Menüpunkt „Überprüfen“) wahlweise von männlicher oder weiblicher Stimme vortragen lassen.

Eine durchaus hilfreiche und relativ simple Anwendung. Allerdings benötigen Menschen mit Einschränkungen für ein besseres Ergebnis oft eine komplexere Sprachsteuerung oder eine verbesserte Diktier-Anwendung, damit Schreiben und Arbeiten am PC effizient ist. Zudem kann eine hochwertigere Diktiersoftware auch körperliche Erleichterung schaffen: Wer nicht alles überprüfen und mühsam nachtippen muss, schont Wirbelsäule und Gelenke – und spart Zeit. Auf Hinweis eines Lesers mit Conterganschädigung haben wir dankenswerter Weise einige Tipps erhalten, die auch hilfreich für andere sein dürften.

 

Drachen zum Diktat

Da wäre zum Beispiel das Programm „Dragon Dictate“, eine Anwendung der Firma Nuance, die es in einer Profi- und einer Home-Ausführung gibt. Beide beinhalten eine gute und recht umfangreiche Spracherkennung, die laut Hersteller „eine bis zu 99-prozentige Genauigkeit bei einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Wörtern pro Minute“ bietet – eine deutliche Verbesserung gegenüber der Standard-Anwendung aus dem Office-Paket.

Mit den verschiedenen „Dragon“-Anwendungen lassen sich aber nicht nur Texte diktieren und transkribieren, sondern auch verschiedene Befehle an den Rechner via Spracheingabe ausführen. Das ist hilfreich, wenn man aufgrund körperlicher Einschränkung keine herkömmliche Maus oder Tastatur bedienen kann. Die Anwendung erlaubt ebenso das sprachgesteuerte Posten in sozialen Medien wie das Bearbeiten von E-Mails und ist so nicht auf die reine Textverarbeitung reduziert.

„Dragon Dictate“ setzt Sprachaufzeichnungen weiterhin nicht nur vom Mikrofon, Smartphone oder Diktiergerät um, sondern verarbeitet auch Podcast-Aufzeichnungen oder Audio-Dateien und wandelt diese in Text um. Die Profiversion des Pakets ist mit 699 Euro sicher nicht günstig und eignet sich daher eher für Menschen, die vor allem beruflich mit vielen oder komplexen Texten zu tun haben. Die Basis-Version „Home“ ist schon für 199 Euro zu haben und könnte eine Alternative zum Office-Paket sein.

 

Was ist mit kostenloser Diktiersoftware?

Der Markt für (leistungsfähige) Gratis-Lösungen ist leider sehr klein. Die hohen Preise für Diktiersoftware-Produkte entstehen normalerweise durch die aufwändige Entwicklung. Hinter guter Software steckt eine ausgefeilte Technologie, die eine Menge Knowhow und – vor allem bei cloudbasierten Lösungen – auch entsprechende Hardware benötigt. Zudem ist die Anzahl der Anwenderinnen und Anwender gemessen an der Anzahl der PC-Nutzenden insgesamt eher klein. Um kostendeckend zu arbeiten, müssen die Preise entsprechend angepasst werden.

Wer möglichst professionell am Computer diktieren, Text oder Tondokumente bearbeiten will, muss also schon tiefer in die Tasche greifen. Manchmal werden Testversionen angeboten, die dann aber nur mit gewissen Einschränkungen funktionieren.

Eine weitere kostenfreie Lösung - in Ergänzung zu den standardmäßig angebotenen - ist die integrierte Funktion von Google Docs. Sie schreibt Texte in beliebiger Länge und funktioniert erstaunlich reibungslos verglichen mit der Windows Office-Anwendung. Der „Preis“ hier, wie bei Google generell: Die Preisgabe der personenbezogenen Daten. Zudem ist der (kostenlose) Chrome-Browser eine Voraussetzung für die Nutzung.

Der beste kostenfreie Tipp – so auch die Meinung unseres Lesers – ist „Balabolka“, das besonders zahlreiche Funktionen anbietet. Die Anwendung kann Texte vorlesen, es können aber auch gesprochene Texte als Ton-Dateien in den gängigen Audio-Formaten gespeichert werden.

Für eine verbesserte Klangqualität benutzt besagter Leser unseres Magazins im Übrigen ein weiteres Programm. Es heißt „Equalizer APO“ und erzielt die Qualität eines Hörgerätes auf dem Kopfhörer. Und, wenn man schon einen solchen trägt, funktioniert auch das Telefonieren über den PC mit einem Programm namens „MircoSIP“ leichter. Die Anwendung muss nicht installiert werden. Sie ermöglicht das bequeme Texten, Telefonieren und Video-Chatten vom Rechner aus (IP-, Internet oder VoIP-Telefonie). Mit der tragbaren Version kann man das Programm jederzeit auch unterwegs vom USB-Stick aus starten. Man braucht dazu allerdings eine SIP-Adresse, in Form einer herkömmlichen E-Mail Adresse. 

Unser Tipp: Kombiniert man zwei oder drei kostenfreie Software-Lösungen, ist Qualität auch für den Alltagsgebrauch machbar. Haben Sie weitere Anmerkungen, hilfreiche Ideen und Tipps, die Sie mit anderen teilen möchten? Schreiben Sie uns gerne und nutzen Sie dafür unser Kontaktformular.